Hexenprozesse in/bei Leipzig

1479 fand der erste bekannte Prozess zu Hexerei/Zauberei in Leipzig statt. Angeklagt wurde eine Frau, genannt die Slezieryn. Die ihr vorgeworfene strafbare Handlung lautete: Zauberei. Das Stadtgericht Leipzig verurteilte sie zu Staupeschlägen, Brennen durch die Backen und Verweisung der Stadt.

illustriert von Caroline Sander, Leipzig 2017

Staupen-Schlag oder Stäupen bedeutet, dass jemand für ein Verbrechen öffentlich (z.B. am Pranger) geschlagen/gestäupt wird. Verwendet wurde dafür der Staup-Besen, ein Bündel z.B. aus Birkenzweigen (Staupe), in das zur besonderen Verschärfung mitunter scharfkantige Metallsplitter oder Steine eingearbeitet sein konnten. Möglich waren auch Lederriemen oder Leder-Peitsche. Verweisung der Stadt: Konnte für eine einzelne Frau das soziale Aus bedeuten. Es gab kein Dorf, keine Stadt, die eine gebrandmarkte, eine sichtbar gezeichnete Frau, die der Zauberei verdächtig war, aufnahm.

1496 wurde Margaretha Pornecker lebendig vergraben durch den Scharfrichter. Wegen nicht mehr vorhandener Quellenlage sind Anklage und Prozessverlauf unbekannt.

1501 wurden drei namentlich unbekannte Personen durch das Stadtgericht Leipzig zum Feuertod verurteilt. Vorwurf: Vergiftung von Brunnen und Weiden

1502 wurde der Leipziger Abdecker Peter zum Feuertod verurteilt. Vorwurf: Vergiftung von Brunnen und Weiden

1541 wurde in Leipzig eine namentlich unbekannte Frau unter dem Vorwurf Mordbrennerei (Brandstiftung u. Mord) verbrannt.

1556 stand eine namentlich unbekannte Frau vor dem Patrimonialgericht Störmthal (Grundherrschaft d. Familie von Pflugk) unter dem Vorwurf der Zauberei und des Wahrsagens. Es ging ein Schreiben der Landesregierung an das Konsistorium Leipzig und die Vermünder der von Pflugk, dass die sich in der Gerichtsherrschaft Störmthal aufhaltende Zauberin festzusetzen sei. Ebenso sei diese zu vernehmen und gegen sie vorzugehen. Prozessverlauf und -ende sind unbekannt.

1558 stand eine namentlich unbekannte Frau vor dem Stadtgericht Leipzig unter dem Vorwurf der Zauberei und des Wahrsagens. Die Anweisung der Landesregierung an den Rat lautete, die Frau sei zu verhaften. Prozessverlauf und -ende sind unbekannt.

Im August / September 1582 wurden der Totengräber Christoph Müller und sein Knecht Bastian Mühlberg vom Stadtgericht Leipzig verurteilt. Der Vorwurf lautete: Gemeinsamer Pestzauber in Groß-Zschocher. Zudem Ehebruch und Giftmord. Es entstand ein Kettenprozess, in dessen Verlauf weitere Personen benannt und verurteilt wurden. Das Endurteil des Schöffenstuhl Leipzigs für Christoph Müller und Bastian Mühlberg lautete: fünfmal Reißen mit glühenden Zangen, Tod durch Rädern, vollstreckt am 23.09.1582

August bis September 1582: Im weiteren Verlauf des Kettenprozesses wurden die Totengräber G.W. und G. Posser von Einwohner/innen aus Groß-Zschocher bezichtigt, am Pestzauber mitgewirkt zu haben. Der Leipziger Schöffenstuhl urteilte: Reißen mit glühenden Zangen, Tod durch Rädern, vollstreckt am 28.10.1582

Ebenso verurteilt wurde die Ehefrau Regina Posser – unter dem Vorwurf , dass sie am Pestzauber mitgewirkt habe und zudem ein Teufelsbündnis eingegangen sei. Der Leipziger Schöffenstuhl verurteilte sie zum Feuertod, vollstreckt am 28.10.1582 in Groß-Zschocher.

Unter dem Vorwurf des Pestzaubers und Teufelsbündnis‘ wurde ebenso Frau E. S. verurteilt zum Feuertod, vollstreckt am 28.10.1582 in Groß-Zschocher.

1597 wurde eine namentlich unbekannte Frau vom Stadtgericht Leipzig nach Vorwurf der Hexerei verurteilt zur Enthauptung, vollstreckt 1597.

1609 wurde Hans Schultz, Fiedler in Leipzig, vom Stadtgericht Leipzig verurteilt. Der Vorwurf lautete: Beherbergung des Alchimisten Cunrad Kreutter ohne des Rats Genehmigung in seinem Haus, Ritterstraße 36. Er musste eine Strafe von 5 Gulden zahlen, er gelobt die Zahlung am 17.10.1609.

illustriert von : Caroline Sander, Leipzig 2017

1632 wurden drei Jungen vom Stadtgericht Leipzig der Hexerei angeklagt: Paul Dippert, ein minderjähriger Knabe, Hans Grünwald (9 Jahre), Nikolaus Schwend (11 Jahre). Das Endurteil lautete Ruten-Hiebe, dann Freilassung.

Von August bis September 1640 dauerte der Prozess von Margarete Petzsche, geb. Brate, Witwe des Holzförsters Nicol Petzsche aus Jeßnitz, wohnhaft in Leipzig – verhandelt am Stadtgericht Leipzig. Sie wurde am 01.08. der Hexerei bezichtigt von Ursula, Witwe des Andreas Bieling aus Jeßnitz. Am 21.08. gab der Rat zu Jeßnitz Mitteilung über ihr Vorleben. Die Inquisition wurde eingeleitet. Das Urteil des Leipziger Schöffenstuhles lautete: Folter. Ein Geständnis wurde nicht abgelegt. Das Endurteil lautete im September: Freilassung gegen Leistung der Urfehde, vollzogen am 23.09.

Die Urfehde (ur- = aus, heraus/also „aus der Fehde gehen“) ist ein unter Eid zu leistender Schwur zur Beendigung einer Fehde/eines Streites. Die/ der freigesprochene Angeklagte oder Verbannte versichert, keine Rache an Kläger/in oder Richter zu üben bzw. die untersagten Plätze zu meiden.

1645 wurde Marie Schreiber vor dem Stadtgericht Leipzig der Hexerei angeklagt. Prozessverlauf und -ausgang sind unbekannt.

1648 wurde Anna Bender von Dr. Christian Lange, dem Superintendenten von Leipzig vorgeworfen, eine Hostie missbraucht zu haben. Es erfolgten Verhör und Zeugenvernehmung. Endurteil des Leipziger Schöffenstuhls: Freispruch

Im Oktober 1657 wurde David Hecht aus Merkwitz (Universitätsdorf) vom Bauern Thomas Höhne vor dem Gericht der Universität Leipzig verklagt, weil letzterer behauptet habe, seine (Höhnes) Frau habe den Drachen; Anfrage an den Pfarrer von Hohenheida wegen des Lebenswandels am 26.10. und Mitteilung an die Großpropstei. Prozessverlauf und Ausgang sind unbekannt.

1660 stand eine namentlich unbekannte Frau unter dem Vorwurf der Hexerei vor dem Stadtgericht Leipzig. Die Frau starb unter der Folter.

Am 27. März 1661 wurde vor dem Stadtgericht Leipzig angeklagt Frau Barbara Voigt, geb. Schulz, seit dreißig Jahren Witwe des Bürgers und Wollkämmers Bendix Voigt, gebürtig aus Langenreichenbach; vermögenslos. Angezeigt wurde sie von Albrecht Zugkwitz, Schildwache in Leipzig, vermögenslos. Die Anklage lautete auf Hexerei und Schadenszauberei an der Frau des Denunzianten. Barabara Voigt soll ihr eine seltene Krankheit angehext haben. Im Verhör am 30.03. gesteht sie, eine Heilbehandlung an der Frau durchgeführt zu haben. Am 01.05. wird ein medizinisches Gutachten über den angeblich Geschädigten eingeholt. Das Urteil lautet: Folter. Barbara Voigt legt aber kein Geständnis zu Hexerei und Schadenszauber ab. Das Endurteil des Schöffenstuhles Leipzig: Freilassung gegen Leistung der Urfehde am 11.05.1661.

1664/65 wird vor dem Stadtgericht Leipzig angeklagt Christian Hodler aus Dobergast, Eltern aus Weißenfels. Der Vorwurf lautet: Bündnis mit dem Teufel. Verhaftung im April 1665. Die landesherrliche Kanzlei lässt eine Defension zu. Das Urteil der Juristenfakultät Leipzig lautet: noch keine Entlassung. Der Prozessausgang ist unbekannt.

1666 wird ein namentlich unbekanntes siebzehnjähriges Mädchen aus Eutritzsch wegen Brandstiftung enthauptet und anschließend verbrannt.

1666 wird eine namentlich unbekannte Frau verurteilt. Sie war in einem früheren Urteil der Stadt Leipzig verwiesen worden. Durch ihre Rückkehr wurde sie meineidig. Das Urteil lautete: Abschlagen der zwei Mittelfinger der rechten Hand der Frau.

1669 wird Dorothee Catharina Müller vor dem Stadtgericht Leipzig des Mordes, der Hexerei und des Ehebruchs bezichtigt. Prozessverlauf und -ausgang sind unbekannt.

Am 24. März 1684 wird Susanna Mehlhorn, Frau von Hanß Mehlhorn von Michel Neander, Gerichtsfrohn in Leipzig, der Hexerei bezichtigt. Am 12.04. erfolgt vor dem Stadtgericht Leipzig Vernehmung, Verhör und Konfrontation. Das Endurteil des Leipziger Schöffenstuhls ergeht im April: auf Grund ungenügender Indizienlage kein Beweis für Hexerei, daher auch keine Folter; Freispruch

Im Juni 1699 wird angeklagt Marie Schacher, geb. Apitz, 54-jährige Witwe von Jacob Schacher. Sie stammt aus Lindenaudorf, ernährt sich von Heilen und Kurieren. Zudem Sibylle Schöne, 40jährige Frau des Kupferdruckers Hans Georg Schöne in Leipzig. Die beiden Frauen werden angeklagt von Anna Sophie Schettel, 29 Jahre alt, Frau eines Tischlers in Leipzig. Der Vorwurf lautet: Zauberei, Hexerei. Die Zeugenvernehmung vor dem Stadtgericht Leipzig erfolgt am 22.07.1699. Das Urteil des Schöffenstuhl Leipzig: Vernehmung nach Artikeln. Am 01.08. erfolgte das Verhör nach Artikeln. Es erging ein Defensionsschreiben. Das Endurteil für Marie Schacher: Gefängnis, Ablegung des Reinigungseides und Freilassung im August 1699. Das Endurteil für Sibylle Schöne: Gefängnis, Ablegung des Reinigungseides und Freilassung im August 1699. Zudem Freilassung gegen Urfehde und Ermäßigung der Prozesskosten.

Im Mai 1730 wird Martin Dietrich, einem abgedankten 60jährigen Soldat vorgeworfen, er handele mit Raritätenkästen und Kräutern. Die Anklage lautet auf Zauberei und Quacksalberei. Denunziert wurde er von Dr. Balthasar Friedrich Jacobi in Leipzig. Es folgten Vernehmung und Durchsuchung am 13.05., sowie ein Verhör nach Artikeln. Das Endurteil des Schöffenstuhl Leipzig am 20.06. lautet: Ablegung des Reinigungseides, Belehrung durch den Pfarrer, dann Freilassung

Ebenfalls im Mai 1730 wird von demselben Dr. Jacobi angezeigt Johann Rappe, lebt in Zwenkau, 63jährig, gebürtig aus Streubeln bei Eilenburg: auch er handele mit Raritätenkästen und Kräutern. Die Anklage lautet auch bei ihm auf Zauberei und Quacksalberei. Es folgten Vernehmung und Durchsuchung am 13.05., sowie ein Verhör nach Artikeln. Das Urteil des Schöffenstuhl Leipzig am 20.06. lautet: Es sei ein Gutachten durch die medizinische Fakultät über mögliche Schädlichkeit des vertriebenen Pulvers auszufertigen.

Die Ehefrau Rappe lieferte am 24.06. die Segensspruchsammlung aus. Das Gutachten der medizinischen Fakultät am 04.07. ergab: Das Pulver ist unschädlich. Das Endurteil: Vier Wochen Gefängnis oder ersatzweise Geldstrafe oder Arbeitsdienst.

Quellen:

Grebenstein, Georg (1986): Die Leipziger Scharfrichterund die hohe städtische Gerichtsbarkeit. In: Museum für Geschichte der Stadt Leipzig(Hrsg.): Leipzig. Aus Vergangenheit und Gegenwart. Beiträge zur Stadtgeschichte. Leipzig: VEB Fachbuchverlag. S.71-94

Wilde, Manfred (2003): Die Zauberei- und Hexenprozesse in Kursachsen. Köln: Böhlau Verlag

Illustration: Caroline Sander, Leipzig 2017

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert